Wer die Arbeit der FMA verfolgt, weiß schon seit langem, dass Nachhaltigkeit am Finanzmarkt für die Behörde ein großes Thema ist. Wie bereits im Jahr 2021 ist deshalb auch im Jahr 2022 Nachhaltigkeit ein Schwerpunkt in der Aufsichtstätigkeit der FMA. Nun gab die FMA bekannt, dass es sich dabei sogar um ein "Leuchtturmprojekt" handeln soll und die FMA die Beschäftigung mit Nachhaltigkeit als eine ihrer zentralen Aufgaben sieht.

Wie bereits in unseren früheren Newslettern erwartet, ist die Zeit des Abwartens spätestens 2022 vorbei. Nachhaltigkeitsrecht ist am Finanzmarkt als eigenständiges Rechtsgebiet angekommen. Die FMA setzt laut der jüngsten Aussendung folgende Schwerpunkte:

  • Offenlegungs-VO: Die Offenlegungs-VO gilt schon seit 10.3.2021 unter anderem für Banken, Wertpapierfirmen und Versicherungsunternehmen. Mittlerweile ist in Österreich (wenn auch mit Verspätung) gesetzlich geklärt, dass die FMA für die Vollziehung der VO zuständig ist. Viele Regeln sind zwar noch immer vage und die Reaktionen nach einem Jahr Praxis gemischt. Die technischen Standards, die immerhin schon als "finaler Entwurf" vorliegen, haben sich aber mehr oder weniger als Richtschnur herauskristallisiert. Es gibt auch bereits zusätzliche Leitlinien der ESMA.
  • Risikomanagement: Die FMA erwartet von den Beaufsichtigten, die eigenen Nachhaltigkeitsrisiken entsprechend den Vorgaben des FMA-Leitfadens zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zu adressieren. Der industrie- und sektorübergreifende Leitfaden soll grundsätzlich für alle Beaufsichtigten gelten, wobei sich entsprechend des Proportionalitätsprinzips größere Unternehmen intensiver mit Nachhaltigkeitsrisiken auseinandersetzen werden müssen als kleinere. Eine kurze Übersicht über den Leitfaden finden Sie hier. Viele der im Leitfaden genannten Risiken sind nicht neu und mussten, ordentliches Risikomanagement vorausgesetzt, auch schon bisher und vor dem Leitfaden berücksichtigt werden. Was aber neu ist, ist, dass die FMA nun einen besonderen Fokus darauf legt.

Aus unserer Sicht ergeben sich für beaufsichtigte Unternehmen daraus folgende Handlungserfordernisse:

  • Bestimmung des anwendbaren Rechtsrahmens: Welche Regeln im Nachhaltigkeitsrecht gelten für Ihr Unternehmen? Der Rechtsrahmen ist auf europäischer und nationaler Ebene zersplittert, weshalb es oft nicht ganz einfach ist, auf den ersten Blick eine eindeutige Antwort zu finden. Mögliche Anknüpfungspunkte sind die Art der Geschäftstätigkeit, Art und Umfang der Konzession und die Größe des Unternehmens (insb Bilanzsumme und Anzahl der Arbeitnehmer). Als Faustregel gilt wie immer im Aufsichtsrecht das Proportionalitätsprinzip: Kleinere Unternehmen sind teilweise weniger streng reguliert, als größere. Das heißt aber nicht, dass kleinere Unternehmen ihre Pflichten aus dem Nachhaltigkeitsrecht ganz ignorieren dürfen.
  • Erhebung des Status Quo: Ausgehend vom anwendbaren Rechtsrahmen sollte als nächster Schritt der Status Quo erhoben werden. Wo steht das Unternehmen gerade gemessen an dem, wo es (zukünftig) stehen muss? Hervorzuheben ist insbesondere, ob Nachhaltigkeit bereits einen Platz in der Aufbau-/Ablauforganisation hat und ob relevante Informationen (zB als Grundlage für das Management von Nachhaltigkeitsrisiken) laufend erhoben werden.
  • Abgleich zwischen Ist und Soll: Hat sich daraus ergeben, dass zwischen dem Ist- und dem Soll-Zustand noch eine Lücke besteht, sollte anschließend ein Plan für die Transformation erstellt und schrittweise umgesetzt werden. Die FMA gab in vergangenen Wortmeldungen auch immer wieder zu erkennen, dass sie sich im Nachhaltigkeitsrecht derzeit noch als "Begleiter" der Unternehmen sieht. Wer sich ernsthaft mit den Herausforderungen des Nachhaltigkeitsrechts beschäftigt, ist also auf einem guten Weg und es scheint auch der Behörde klar zu sein, dass dieser Weg nicht von heute auf morgen genommen werden kann. Wer sich allerdings gar nicht mit den neuen Pflichten auseinandersetzt, riskiert hohe Strafen (der kürzlich geänderte Rechtsrahmen sieht mehrere Millionen Euro als Höchststrafe vor) und Schadenersatzklagen.
  • Die Implementierung der Vorschriften zur Nachhaltigkeit bietet natürlich nicht nur Risiken, sondern auch Chancen bei der Vermarktung des Unternehmens und seiner Produkte. Vorzeigeunternehmen profitieren einerseits von günstigeren (Re-)Finanzierungsmöglichkeiten und andererseits liegt auch der Fokus vieler Kunden zunehmend auf nachhaltigen Finanzprodukten. Wenn man dabei im rechtlichen Rahmen bleibt, kann man auch Greenwashing-Vorwürfe vermeiden.
  • Da der Rechtsrahmen – und das was die FMA oder andere Behörden daraus ableiten – im Nachhaltigkeitsrecht wie eingangs erwähnt stark im Fluss ist, handelt es sich bei den zuvor dargestellten Schritten nicht nur um ein einmaliges Projekt, sondern um einen laufenden Prozess, um auf die laufend neunen Anforderungen reagieren zu können.

Zusammengefasst bedeutet die jüngste Ankündigung der FMA für Beaufsichtigte, sich zukünftig noch stärker mit allen Themen rund um Sustainability zu beschäftigen. Die oben skizzierte Vorgehensweise kann dabei ein erster Anhaltspunkt sein. Wir begleiten Sie mit unserem maßgeschneiderten Legal Sustainability Check gerne.