Covid-19 stellt vor allem grenzüberschreitende M&A-Transaktionen vor große Herausforderungen – was gilt es zu beachten?

In Zeiten wie diesen, in denen Staaten zu Inseln werden und Städte zu Einfamilienheimen, müssen auch Transaktionsanwälte über den Tellerrand blicken: Covid-19 stellt vor allem grenzüberschreitende Unternehmenskäufe (M&A-Transaktionen) sowie laufende oder geplante Börse- und Kapitalmarktdeals vor große Herausforderungen.

M&A - Ende eines Verkäufermarktes?

Sah man in den letzten etwa fünf Jahren bei M&A Transaktionen einen ausgeprägten sogenannten "Verkäufermarkt", in dem es Verkäufern möglich war, sehr hohe Kaufpreise zu erzielen und verkäuferfreundliche vertragliche Regelungen durchzusetzen, so zeigt sich, dass sich das Blatt nun zunehmend in die andere Richtung wendet. Käufer gewinnen mehr und mehr die Oberhand, insbesondere wenn potentielle Targets oder sogar die Verkäufer selbst unter Druck geraten. Staatlich verordnete Quarantänen und Reisebeschränkungen wirken sich negativ auf Due Diligence Prüfungen, Vertragsverhandlungen und Transaktions-Closings aus. Besonders betroffen von Covid-19 sind Branchen, die traditionell besonders starke wirtschaftliche Beziehungen zu den aktuell und auch hinkünftig von Covid-19 betroffenen Regionen haben, wie insbesondere die Kfz- und Automotive- sowie Zulieferindustrie, chemische und pharmazeutische Erzeugnisse, elektrische Ausrüstungen, Maschinen, Metalle und Natural Resources sowie Nahrungs- und Futtermittel.

Kapitalmarkt – Neue Trends?

Auch bei Börse- und Kapitalmarkttransaktionen bleibt, so scheint es, kein Stein auf dem anderen. Die im Zusammenhang mit Covid-19 zuletzt aufgetretenen dramatischen Kurseinbrüche an den heimischen und internationalen Börse- und Kapitalmärkten stellen große Herausforderungen für laufende und geplante Kapitalmarkttransaktionen dar. Über Jahre entwickelte Dogmen bei der Umsetzung von Kapitalmarkttransaktionen werden grundsätzlich hinterfragt. Das betrifft sowohl ECM als auch DCM Deals. Die im Zusammenhang mit Covid-19 von der österreichischen Finanzmarktaufsicht verordnete Beschränkung von Leerverkäufen von bestimmten Finanzinstrumenten in einer Ausnahmesituation (Verbot von Leerverkäufen und wirkungsgleichen Transaktionen) verfehlte zwar ihre Wirkung nicht. Wetten gegen einzelne Aktientitel an der Wiener Börse, die zu noch stärkerem Kursverfall beitragen, wurde eingedämmt. Deutschland kommt allerdings auch ohne ein solches Verbot von Leerverkäufen aus. Zudem werfen angekündigte staatliche Einschränkungen beziehungsweise Empfehlungen für zukünftige Dividendenzahlungen von notierten Unternehmen, die Staatshilfe in Anspruch nehmen, ihren Schatten voraus. Die internationalen Kapitalmärkte haben feinfühlige Sensoren, was solche Themen anbelangt, institutionelle Inverstoren reagieren sehr schnell. All dies wird sich sehr rasch auf Investitionsentscheidungen jener langfristig orientierten Investoren auswirken, die Equity-Investments mit hoher Dividendenrendite suchen. Anleihemissionen mit bis zu vierjähriger Laufzeit von top-tier Unternehmen mit hoher investmentgrade Bonität, die zudem in einem Corona-resistenten Industriesegment tätig sind (beispielsweise Utilities, Telekom oder Pharma), stellen attraktive Alternativen zu reinen Equity Investments dar. Wenn uneingeschränkte Dividendenzahlungen wieder möglich sein werden, können Investments in solche investmentgrade Corporate Bonds leicht wieder in Equity Investments geswitcht werden – die Finanzwelt spricht hier auch schon von den "Longer-Run Economic Consequences of Pandemics". Solche investmentgrade Corporate Bonds werden kurzfristig auch von österreichischen Blue Chip Unternehmen emittiert werden. Die OMV AG hat mit ihrer aktuellen Bondemission den Startschuss für solche Emissionen gegeben.

Trend: Mehr M&A Deals nach Corona

Generell ist davon auszugehen, dass die durch Covid-19 ausgelöste Finanz- und Wirtschaftskrise, wie schon die Finanz- und Wirtschaftskrise 2009, einen erheblichen Konzentrationsprozess zur Folge haben wird. Schon jetzt ist absehbar, dass besonders große und wirtschaftlich belastbare Unternehmen, vor allem im Bereich Tech und Telekom, Utilities und Pharma, insbesondere wenn sie auf komfortablen Cash-Polstern sitzen, von der aktuellen Krise profitieren und auf Kosten wirtschaftlich unter Druck geratener Unternehmen ihre Marktanteile signifikant ausbauen werden. Gleichzeitig werden die derzeit stattfindenden umfassenden staatlichen Rettungsmaßnahmen am Ende des Tages wohl auch vor staatlichen Beteiligungen an angeschlagenen Unternehmen nicht haltmachen. Privatisieren – das war vor Corona. In Zeiten von Corona sind Verstaatlichungen angesagt - und das gilt längst nicht mehr nur für Transportunternehmen wie von Fluglinien. Vielmehr scheinen der Phantasie keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. Auch diese Deals werden nicht ohne die Einbindung hochkarätiger Transaktionsanwaltsteams, die verschiedenste Rechtsgebiete abdecken können, stattfinden. Spätestens nach Auslaufen der nationalen und internationalen Hilfspakete ist jedenfalls mit einem spürbaren Anstieg von Public- und Private M&A Deals zu rechnen.

Übersicht

Fragen und Antworten:

M&A Transaktionen am Prüfstand

Grundsätzlich ist in der derzeitigen Situation zu unterscheiden, ob sich eine M&A Transaktion in der (i) Pre-Signing Phase oder (ii) in der Phase zwischen Signing und Closing befindet.

Was ist in der M&A Pre-Signing Phase zu beachten?

Für den Fall der Pre-Signing Phase zeigt sich, dass Covid-19 verbreitet dazu führt, dass Käufer im Zuge der Re-Evaluierung eines Deals innehalten und grundlegende Aspekte grenzüberschreitender Transaktionen überdenken. Häufig sind MOUs beziehungsweise LOIs als nicht rechtsverbindliche Dokumente ausgestaltet, sodass mit Ausnahme von vorvertraglichen culpa in contrahendo Aspekten Käufer in der Regel relativ frei sind zu entscheiden, ob sie die Transaktion weiter verhandeln wollen oder nicht. Dabei werden neben der aktualisierten Prüfung des eigenen Geschäftsmodells des Käufers und dessen Liquiditätsplanung und Kursentwicklung (insbesondere bei Share for Share Transaktionen) hinsichtlich des Zielunternehmens/Targets folgende Aspekte eine Rolle spielen:

  • Macht es unter den gegebenen Umständen zur Zeit überhaupt noch Sinn, die Transaktion weiter zu verfolgen beziehungsweise ist der ins Auge gefasste Kaufpreis auf Grund von historisch hohen Bewertungen (wesentlich) anzupassen? Passt der "strategische Fit" des Käufers mit dem Zielunternehmen unter den gegebenen Umständen überhaupt noch?
  • Wie ist das Target durch Covid-19 und die außerordentliche Situation in den Ländern, in denen die Zielunternehmen tätig ist, betroffen? Gibt es beim Zielunternehmen Gewinnwarnungen, Kurseinbrüche, etc?
  • Sind wesentliche Kunden und Lieferanten des Zielunternehmens negativ beeinträchtigt, sodass das Geschäftsmodell des Zielunternehmens betroffen oder sogar in Frage gestellt wird (Stichwort Unterbrechung der Supply Chain, Lieferengpässe, etc)?
  • Wie können sich Reisebeschränkungen negativ auswirken?

Diese Themen haben in einem ersten Schritt Geschäftsführung bzw Vorstand des Käufers für sich zu beantworten. In der Folge wird aber auch der Aufsichtsrat des Käufers, sofern dessen Zustimmung für eine Transaktion erforderlich ist, entsprechende Information und Absicherungen möglicher Risiken in der vertraglichen Dokumentation einfordern, sodass sich Unternehmenskaufverträge strukturell zugunsten der Käufer ändern werden: Grundsätzliche Anpassungen des Garantie- und Gewährleistungskatalogs sowie Specific Indemnities in SPAs werden ebenso unerlässlich sein wie solide durchdachte MAC-Klauseln und Closing Bedingungen, die den Käufer unter den geänderten Umständen bestmöglich schützen. Break-up Fees zugunsten des Verkäufers werden schwieriger zu verhandeln sein.

Sofern für die Durchführung einer Transaktion auch öffentliche Hauptversammlungsbeschlüsse erforderlich sind (beispielsweise Beschlüsse über Kapitalmaßnahmen, Zusammenschluss- oder Spaltungsbeschlüsse oder andere Umgründungsschritte), werden sich Vorstand und Aufsichtsrat auf bohrende Fragen der beschließenden Aktionäre einstellen müssen. Zudem wird sich im Sinne der Transaktionssicherheit die Frage stellen, ob im Lichte von Covid-19 im Einzelfall die für die Transaktionen erforderlichen Publikumshauptversammlungen überhaupt rechtswirksam stattfinden können, weil beispielsweise die Anwesenheit einer gewissen Anzahl von Aktionären bei der Hauptversammlung überschritten wird. Die Frage der rechtswirksamen Durchführung von Publikumshauptversammlungen stellt sich übrigens nicht nur bei transaktionsbezogenen (außerordentlichen) Hauptversammlungen, sondern generell auch für sämtliche ordentliche Hauptversammlungen börsennotierter Gesellschaften - in Österreich steht die Hauptversammlungssaison ja praktisch vor der Tür! Können in den USA physisch abgehaltene Hauptversammlungen de facto leicht abgewendet werden (Warren Buffett verwies zuletzt seine Berkshire Aktionäre auf Proxy Votings), so ist dies in Österreich nicht ganz so einfach. Manche Unternehmen haben ihre Hauptversammlungen in den Herbst verschoben, wohl auch um dann einen fundierten Vorschlag für die Dividendenzahlung zu machen. Andere Unternehmen entschlossen sich zur Abhaltung einer virtuellen Hauptversammlung, wodurch juristisches Neuland beschritten worden ist.

Die gesetzlichen Vorschriften in Österreich gehen ja grundsätzlich von einem physischen Zusammentreffen der Gesellschafter aus, das in Zeiten einer Pandemie jedoch häufig nicht möglich ist. Durch den Einsatz technischer Kommunikationsmittel – zu denken ist hier insbesondere an qualifizierte Videokonferenzen – soll eine vergleichbar qualitätsvolle Willensbildung auch ohne Durchführung einer Präsenzversammlung möglich sein. Der österreichische Gesetzgeber hat daher im Lichte der Covid-19 Krise, zumindest temporär, eine gesetzliche Grundlage für solche virtuellen Versammlungen und andere Formen der Willensbildung (zB schriftliche Abstimmungen) geschaffen. Die praktische Durchführung derartiger virtueller Versammlungen erfolgt nach Maßgabe einer von der Bundesministerin für Justiz kürzlich erlassenen Verordnung. Gleichzeitig wurde die Frist zur Abhaltung von ordentlichen Hauptversammlungen einer Aktiengesellschaft und ordentlichen Generalversammlungen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung von acht auf zwölf Monate innerhalb des Geschäftsjahres der betreffenden Gesellschaft erweitert.

Insgesamt zeigen sich vielschichtige Hürden in der Pre-Signing Phase von M&A Transaktionen. Nach unserer Einschätzung werden Deals jedenfalls häufig verschoben oder letztlich abgesagt, in jedem Fall aber hinsichtlich ihrer Deal-Architektur modifiziert werden. Auf der anderen Seite stellt die Covid-19 Krise auch einen guten Anhaltspunkt dar, um als Verkäufer von einem geplanten Verkauf Abstand zu nehmen, ohne befürchten zu müssen, dass man wegen der Verletzung von vorvertraglichen Pflichten in Anspruch genommen wird.

Revival von Distressed M&A Deals? Schlägt die Stunde der Finanzinvestoren oder gewinnen auch strategische Käufer in einer Phase der Marktkonsolidierung?

Kurz- bis Mittelfristig ist in Österreich mit einem Anstieg von Distressed M&A Transaktionen zu rechnen, bei denen erfahrene Käufer, Finanzinvestoren sowie krisenfeste strategische Käufer mit Cash-Reserven beziehungsweise intaktem Aktienkurs, bevorzugt jene Unternehmen zu günstigen Bewertungen erwerben werden, die auf Grund von Auswirkungen von Covid-19 - trotz staatlicher Unterstützungspakete - in wirtschaftliche Schieflage geraten sind. Es bleibt abzuwarten, ob hier rasch agierende und global tätige Finanzinvestoren, die über Capital Calls kurzfristig auch sehr hohe Kaufpreisvolumina – selbst ohne Leverage – bereitstellen können, die Nase vorne haben werden, oder ob die Stunde jener strategischen Käufer schlägt, denen es gelingt, unter Druck geratene Mitbewerber zu kaufen und so eine Marktkonsolidierung in ihrem (lokalen) Industriesegment herbeizuführen. Maßgeschneiderte Refinanzierungen samt Hair Cuts bei bestehenden Finanzierungen der Distressed Targets sowie die Berücksichtigung von insolvenzrechtlichen Aspekten werden bei solchen Transaktionen eine wichtige Rolle spielen. M&A Transaktionsanwälte und Finance Anwälten müssen an solchen Deals eng zusammenarbeiten.

Der österreichische Gesetzgeber hat auf diese oben angesprochenen insolvenzrechtlichen Aspekte bereits reagiert. In Zeiten von Corona ist es für Unternehmen aufgrund der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Situation schwierig zu ermitteln, wann eine rechnerische Überschuldung eingetreten ist. Auch valide Fortbestehensprognosen gleichen wegen der unsicheren Marktsituation zunehmend einem Blick in die Kristallkugel. Laut aktueller legistischer Maßnahmen sind Unternehmen deshalb für die nächsten drei Monaten bis zum Ablauf des 30.6.2020 befreit, Insolvenzeröffnungsanträge wegen Überschuldung stellen zu müssen (diese Aussetzung von der Insolvenzantragspflicht gilt jedoch nicht bei Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens). Dies wird aus unserer Sicht dazu führen, dass in Österreich Distressed M&A Transaktionen teilweise zeitverzögert  stattfinden werden. Es ist aus heutiger Sicht aber jedenfalls davon auszugehen, dass spätestens ab Juli 2020 - nach Ablauf dieser dreimonatigen Aussetzung - phasenverschoben vermehrt Distressed M&A Transaktionen am Plan stehen werden.

Kurse im freien Fall – steht uns ein neuer Boom von Public Takeover Transaktionen ins Haus?

Aufgrund der dramatischen Kursverfälle an den internationalen Börsen ist mit einer steigenden Anzahl von (versuchten) öffentlichen Übernahmeangeboten auf börsennotierte Zielunternehmen zu rechnen. Besonders verwundbar sind naturgemäß Targets mit hohem Free-Float und ohne stabilisierende Kernaktionärsbasis. Auch feindliche und konkurrierende Übernahmeangebote, die nicht die Unterstützung des Managements des Zielunternehmens haben, sind nicht auszuschließen. Besonders betroffen sind vor allem Branchen, bei denen schon lange bestehende strukturelle Probleme aufgrund der aktuellen Krise weiter verschärft und auch zu weiteren dramatischen Kursverlusten an den Börsen führen werden. In jedem Fall wird eine Zunahme solcher Public Takeover Transaktionen auf Grund einer Reihe von herausfordernden praktischen und gesellschaftsrechtlichen Gegebenheiten auf Ebene potentieller Käufer wie Zielunternehmen sehr erfahrene und professionelle Unterstützung benötigen. 

Gibt es Möglichkeiten, aus einem bereits unterschriebenen Deal noch auszusteigen?

Gänzlich anders stellt sich die Situation bei Transaktionen dar, in denen die Transaktionsverträge bereits vor Ausbruch der "Corona Krise" unterschrieben worden sind und wo man sich in der Periode zwischen Signing und Closing befindet. Hier ist genau zu prüfen, ob für den Käufer Möglichkeiten bestehen, über MAC-Klauseln im Vertragswerk, Force Majeure Argumente, aufschiebende Closing-Bedingungen oder der Behauptung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aus dem bereits unterschriebenen Deal noch auszusteigen oder die Bedingungen der Transaktion, insbesondere die Höhe des Kaufpreises, anzupassen. Schließlich will sich kein Käufer von seinen Gesellschaftern vorwerfen lassen, eine Zielgesellschaft überteuert gekauft zu haben. Unternehmenskäufe, bei denen der Käufer mit eigenen notierten Aktien bezahlt sowie bei Share for Share Transaktionen gelten wegen der dramatischen Kursverfälle der letzten Wochen an den internationalen Kapitalmärkten ohnedies völlig neue ökonomische Parameter.

Selbstverständlich ist bei allen oben genannten Fällen stets auf die Besonderheit der konkreten Transaktion und des bestehenden Vertragswerks zu achten. Die vorliegenden Ausführungen sind daher bloß genereller Natur und können die konkrete Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.

Worauf ist bei Börse- und Kapitalmarkttransaktionen zu achten?

Auf Grund der turbulenten letzten Wochen an praktisch sämtlichen Börsen der Welt haben sich die Rahmenbedingungen für Kapitalmarktransaktionen deutlich verändert. Insbesondere in den Risikofaktoren von Börseprospekten finden sich nunmehr umfangreiche Ausführungen zu Covid-19 und dessen Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Emittenten. Auch die Gestaltung von Übernahmeverträgen zwischen Emittenten und Emissionsbanken, Legal Opinions und Comfort Letter werden in Zukunft den geänderten Umständen Rechnung tragen. Bei Transaktionen, die vor Ausbruch der "Corona Krise" gelauncht worden sind, stellten sich insbesondere Fragen, wie weit gesetzliche Zeichnungs- beziehungsweise Bezugsfristen verlängert werden können, ob es möglich ist, Bezugspreise oder Preisbänder anzupassen oder ob bei der Übernahmepflicht von neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung durch Emissionsbanken übernahmerechtliche Verpflichtungen – bis zu Pflichtangeboten – ausgelöst werden. Bei noch nicht gelaunchten, sondern noch in Planung befindlichen Kapitalmarkttransaktionen, bei denen auf kein bestehendes genehmigten Kapital zurückgegriffen werden kann, stellen erforderliche Hauptversammlungsbeschlüsse aus den oben genannten praktischen Gründen beachtliche Herausforderungen dar.

Aktienrückkaufprogramme müssen unter den geänderten Marktbedingungen, einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Das Verbot von Leerverkäufen an der Wiener Börse, das kürzlich bis zum 18. Mai 2020 verlängert worden ist, wird trotz einer inzwischen erfolgten gewissen Lockerung (von nun an sind nur mehr der Aufbau neuer sowie
die Erhöhung bestehender Nettoleerverkaufspositionen verboten) bis auf weiteres Auswirkungen auf die Liquidität der dort gehandelten Aktien haben. Viele Vorstände von österreichischen börsennotierten Unternehmen haben in den letzten Wochen massiv Aktien ihres eigenen Unternehmens zugekauft. Dies war an der Wiener Börse insbesondere über gehäufte Director's Dealings Meldungen zu beobachten. 

Da besonders in Zeiten von Corona Liquidität für Unternehmen von elementarer Bedeutung ist, Investoren jedoch über enormes Investitionskapital verfügen, das nur darauf wartet, investiert zu werden, ist davon auszugehen, dass Unternehmen mit erstklassige Bonität vermehrt versuchen werden, über Anleiheemissionen mit kurzer bis mittlerer Laufzeit (jedenfalls unter vier Jahren) Fremdkapital von den Kapitalmärkte aufzunehmen und so Liquiditätsreserven zu sichern, die man während der Corona Krise und in der Zeit danach benötigt, mitunter auch um Mitbewerber über M&A Deals zu übernehmen. Es wird unseres Erachtens zu steigenden Anzahl solcher Anleiheemissionen kommen, bei denen vermehrt auch bisher ausschließlich long-term orientierte und auf Dividendenausschüttungen fokussierte Equity Investoren bereit ein werden, solchen Unternehmen als Anleihegläubiger Fremdkapital zur Verfügung zu stellen.

Was gilt es bei M&A Due Diligence Prüfungen zu beachten?

Reiseverbote, Quarantänen und Betriebsunterbrechungen beeinträchtigen den täglichen Geschäftsbetrieb von Unternehmen massiv. Davon betroffen sind auch Inspektionen vor Ort und persönliche Management-Sitzungen im Rahmen einer Due Diligence Prüfung. Derzeit ist zu beobachten, dass Käufer mit ihren Kaufentscheidungen zuwarten, bis die Besichtigungen vor Ort abgeschlossen und die Auswirkungen von Covid-19 auf das Geschäft des Zielunternehmens besser abgeschätzt werden können.

Aus Käufersicht empfiehlt es sich, Fragebögen an Verkäufer zu entwickeln, die eine konkrete rechtliche und wirtschaftliche Evaluierung der mit Covid-19 verbundenen Risiken ermöglichen. In diesem Zusammenhang sollte insbesondere darauf geachtet werden, ob und wie die wesentlichen kommerziellen Verträge des Zielunternehmens ein allfälliges Leistungsversagen aufgrund eines Ereignisses wie Covid-19 abdecken und wie sich dies auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Zielunternehmens auswirken kann. Auch sollte auf das Krisenmanagement beim Zielunternehmen besonderes Augenmerk gelegt werden, insbesondere in Hinblick auf die Effektivität bereits ergriffener Maßnahmen. Für Transaktionen, in denen Garantien, Gewährleistungen und Special Indemnities des Verkäufers durch eine Warranty & Indemnity Versicherung abgesichert werden sollen, ist damit zu rechnen, dass die Versicherer erhöhte Anforderungen an die Due Diligence Prüfung stellen und wohl auch versuchen werden, für im Zusammenhang mit Covid-19 stehende Risiken nicht oder nur zu sehr eingeschränkt einzustehen. Professionelle Beratung wird hier sowohl auf Seiten der Verkäufer als auch der Käufer unerlässlich sein.

Im Zuge der Due Diligence Prüfung werden sich Käufern dadurch auch komplexe Bewertungsfragen bei der Kaufpreisfindung stellen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Folgen aus den beträchtlichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen, die derzeit von vielen Unternehmen in Anspruch genommen werden. Etwa hat die österreichische Regierung jüngst Details zu einem 15 Milliarden Euro schweren Nothilfefonds für Unternehmen, die einen Umsatzeinbruch von mindestens 40 Prozent haben, präsentiert. Unternehmen, die diese Hilfegelder, deren Obergrenze bei drei Monatsumsätzen oder 120 Millionen Euro liegen soll, in Anspruch nehmen, soll im Gegenzug untersagt werden, binnen 12 Monaten Dividendenausschüttungen durchzuführen (überdies dürfen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter diese nicht gleichzeitig kündigen, sondern müssen stattdessen auf Kurzarbeit setzen). Diese Regelung wird insbesondere bei Due Diligence Prüfungen für solche Käufer relevant sein, die bei der Strukturierung der Finanzierung des Kaufpreises mit einkalkulieren, dass das Zielunternehmen in der Lage ist/sein wird, innerhalb des nächsten Jahres Dividenden auszuschütten, die dem Käufer bei der Re-Finanzierung des Kaufpreises helfen soll.

Worauf sollte der Käufer bei den M&A Vertragsverhandlungen achten?

Der Käufer sollte auf die Aufnahme von Bestimmungen im Kaufvertrag bestehen, die auf die mit Covid-19 verbundenen Risiken konkret eingehen. Hierzu können sowohl Gewährleistungen, die bestimmte Eigenschaften des Zielunternehmens ausdrücklich zusichern, als auch Freistellungen, die einen Risikoausgleich in Bezug auf bereits konkret identifizierte Risiken (wie etwa eine wesentliche Unterbrechung der Lieferkette) vorsehen, zielführend sein. Darüber hinaus sollten Kaufpreismechanismen erwogen werden, die der derzeit bestehenden Unsicherheit besser Rechnung tragen als etwa Modelle mit einem bloß fixen Kaufpreis. Hier ist beispielsweise an sogenannte Earn-Out Klauseln zu denken, die die Auszahlung zumindest eines Teils des Kaufpreises an die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Zielunternehmens knüpfen. Auch sollte dem erforderlichen Timing für den erfolgreichen Abschluss einer Transaktion gerade in Krisenzeiten besonderes Augenmerk gewidmet werden. Hier bietet sich vor allem die Vereinbarung sogenannter Long Stop Dates an, die ein realistisches Zeitfenster für die Erfüllung sogenannter aufschiebender Bedingungen (wie etwa die Einholung erforderlicher behördlicher Genehmigungen) vorsehen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Transaktionen vorzeitig automatisch enden. Eine Wiederaufnahme der Vertragsverhandlungen ist in solchen Fällen zumeist mit erheblichem Aufwand für die Parteien verbunden.

Als wohl wichtigste Vorkehrung sollte der Käufer auf eine umfassende Möglichkeit zum Exit bestehen, sollte es zwischen Unterzeichnung (Signing) und Vollzug (Closing) des Unternehmenskaufvertrages zu einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage beim Zielunternehmen kommen. Hier bieten sich aus der anglo-amerikanischen Vertragspraxis stammende MAC (Material Adverse Change) Vertragsklauseln an. Derartige Bestimmungen sind in den Unternehmenskaufverträgen häufig als aufschiebende Bedingungen ausgestaltet. Treten in der Zeit zwischen Signing und Closing bestimmte von den Parteien vorab festgelegte wesentliche Umstände ein, kommt der Vertrag nicht wirksam zustande bzw können die Vertragsparteien Rücktrittsrechte ausüben.

Die vertragsrechtliche Herausforderung bei der Formulierung von MAC-Klauseln besteht zumeist darin, eine möglichst präzise Definition der von den Vertragsparteien gewollten Wesentlichkeitsschwelle zu finden. Zu beachten ist freilich auch, dass sowohl österreichische Gerichte als auch die internationale Spruchpraxis insbesondere bei Schiedsverfahren bei der Prüfung der Wirksamkeit von MAC-Klauseln tendenziell strenge Maßstäbe anlegen. Das gilt insbesondere, wenn sich der Anwendungsbereich von MAC-Klauseln (auch) auf Umstände bezieht, die erst nach Closing der Transaktion eintreten. MAC-Klauseln müssen daher mit großer Sorgfalt formuliert werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sie im Streitfall von (Schieds-)Gerichten nicht akzeptiert werden.

Worauf sollte der Verkäufer bei den Vertragsverhandlungen achten?

Der Verkäufer wird im Sinne der Transaktionssicherheit danach trachten, dass Ereignisse wie Covid-19, die regelmäßig außerhalb seiner Einflusssphäre liegen, keine bzw möglichst geringe nachteilige Auswirkungen auf seine vertragliche Position haben. Zwar werden sich im Zusammenhang mit Covid-19 zur Zeit zusätzliche Gewährleistungen und Haftungsfreistellung zu Gunsten des Käufers oft nicht vermeiden lassen. Der Verkäufer sollte jedoch jedenfalls versuchen, das daraus resultierende wirtschaftliche Risiko durch diverse zulässige Haftungsbeschränkungen, wie etwa Haftungshöchstbeträge, Freibeträge und Mindestschwellenwerte, auf ein für ihn wirtschaftlich zumutbares Maß zu begrenzen. In Bezug auf allfällige MAC-Klauseln sollte der Käufer darauf achten, dass deren Anwendungsfälle möglichst genau festgelegt werden. Um eine missbräuchliche Anwendung solcher Vertragsbestimmungen durch den Käufer möglichst hintanzuhalten, sollte der Verkäufer auf eine angemessene Break-up Fee bestehen. Dadurch kann einem ungerechtfertigten Exit des Käufers durch Berufung auf einen angeblichen MAC wirksam vorgebeugt bzw entgegengetreten werden.

Wird es schwieriger, regulatorische Bewilligungen für M&A Deals zu erlangen?

In Österreich ist die Bundeswettbewerbsbehörde bemüht, die Einbringung von Zusammenschlussanmeldungen auf elektronischem Wege zu ermöglichen. Es läuft derzeit in Zusammenarbeit mit dem Bundeskartellanwalt ein eingeschränkter Probebetrieb. Es wird gebeten, vor einer Einbringung einer dringenden Zusammenschlussanmeldung ausnahmslos die BWB vorher zu kontaktieren. Gleichzeitig soll in Kürze eine Gesetzesänderung beschlossen werden und in Kraft treten, mit der die Fristen für die Prüfungsanträge von Zusammenschlussanmeldungen auf die aktuelle Situation angepasst werden sollen. Zusammenschlussanmeldungen sind in heikleren Fällen üblicherweise mit Verhandlungen über Auflagen verbunden. Außerdem sind die Komplexität der Materie und der oft umfangreiche Akteninhalt mit Vertretungen oder mit erkrankten Verfahrensbeteiligten schwer in Einklang zu bringen. Die Behandlung von Zusammenschlüssen soll daher möglichst auf die Zeit nach der Pandemie verschoben werden (Erläut 397/A XXVII. GP). 

Die Europäische Kommission fordert Unternehmen auf, Zusammenschlussanmeldungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, soweit dies möglich ist. Es wird erwartet, dass die Pränotifizierungsphase länger als gewöhnlich dauert. 

Bei beaufsichtigten Unternehmen (insbesondere Banken, Versicherungen und Wertpapierfirmen) ist generell damit zu rechnen, dass die Aufsichtsbehörden in der aktuellen Lage ein besonderes Augenmerk auf die finanzielle Solidität des Erwerbers legen und Business-Pläne genau prüfen werden. Da die Schwerpunktsetzung der Aufsicht in nächster Zeit in der Aufrechterhaltung der Stabilität des Finanzsystems liegen wird, sind auch hier längere Verfahrensdauern einzuplanen. Anderes wird natürlich besonders bei Akquisitionen gelten, die der finanziellen Stärkung eines Zielunternehmens in Schwierigkeiten dienen.

Akquisition von Unternehmen mit strategischer Bedeutung durch ausländische Investoren – was ist zu beachten?

Ein besonderes Augenmerk wird auch auf die behördliche Praxis bei der außenwirtschaftlichen Investitionskontrolle zu richten sein. Hier hat jüngst der angebliche Versuch von US-Präsident Trump aufhorchen lassen, die Rechte an einem Corona-Impfstoff, den derzeit ein deutsches Forschungsunternehmen mit Hochdruck entwickelt, exklusiv für die USA sichern zu wollen. Nach dem österreichischen Außenwirtschaftsgesetz ist eine Untersagung des Erwerbs von Unternehmen, Unternehmensbeteiligungen und beherrschenden Einflüssen durch ausländische (Nicht-EU) Investoren nicht ausgeschlossen, sobald öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet sind. Davon betroffen sind vor allem strategische Sektoren wie Energie, Telekommunikation, Infrastruktur, Gesundheit sowie Verteidigung und Sicherheit. Die deutsche Regierung hat erst kürzlich beschlossen, die außenwirtschaftliche Investitionskontrolle zu verschärfen; ähnliche Maßnahmen werden in naher Zukunft auch für Österreich erwartet. Ausländische Investoren, die daher mit dem Gedanken spielen, in wirtschaftliche Schieflage geratene österreichische Unternehmen oder Beteiligungen mit strategischer Bedeutung zu erwerben, sind daher gut beraten, professionelle Unterstützung bei der Einholung einer staatlichen Sondergenehmigung zu suchen.

Worauf sollte man bei Börse- und Kapitalmarkttransaktionen achten?

Risikofaktoren und andere Teile von Börse- und Kapitalmarktprospekten müssen den geänderten Bedingungen Rechnung tragen. Insbesondere Übernahmeverträge haben im Interesse der Emissionsbanken die Covid-19 Situation zu berücksichtigen. Für Emittenten stellen anstehende Hauptversammlungen eine große Herausforderung dar. Eine sorgfältige und umsichtige Vorbereitung solcher Hauptversammlungen, die auch die geänderten Umstände berücksichtigt, ist noch wichtiger als schon bisher.