Hohe Kosten bei Vertriebsumstellungen

Die Wirtschaftskrise und ihre Folgen haben viele Unternehmen dazu veranlasst, Änderungen in ihren Vertriebssystemen vorzunehmen. Vor allem in letzter Zeit häufen sich die Fälle, in denen von Handelsvertretern auf Eigenvertrieb umgestellt oder ein Vertragshändler durch einen günstigeren Vertriebspartner ersetzt wurde.

Doch Achtung: Oft sind solche Umstellungen und - wie die jüngste Rechtsprechung erneut bestätigt - auch weitaus weniger invasive Optimierungen mit hohen Kosten verbunden. § 24 Handelsvertretergesetz (HVertrG) gewährt nämlich Handelsvertretern einen Ausgleich für die Zuführung neuer Kunden und die wesentliche Erweiterung bereits bestehender Geschäftsverbindungen.

Dies gilt bei entsprechender Eingliederung und Kundenstockübergabe analog auch für Vertragshändler und Franchisenehmer. Ein solcher Ausgleichsanspruch beträgt bis zu einer Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Das Kostenrisiko ist also beachtlich.

Anspruch bleibt bestehen
Obwohl es einige Änderungsszenarien gibt, mit denen das Entstehen eines Ausgleichsanspruches verhindert werden kann, bleibt insbesondere bei einvernehmlicher Vertragsauflösung ein Ausgleichsanspruch bestehen. In der Praxis wird diese Änderung gegenüber der Rechtslage vor 1993 oft übersehen.

Auch bei der ansonsten ausgleichsvernichtenden Eigenkündigung des Handelsvertreters gibt es Ausnahmen: So erhält der Handelsvertreter trotz Eigenkündigung dann einen Ausgleichsanspruch, wenn ihm der Unternehmer begründeten Anlass zur Eigenkündigung gegeben hat.

In einer aktuellen Entscheidung bestätigt der OGH nun neuerlich, dass er den Begriff der ausgleichswahrenden, dem Unternehmer zurechenbaren Umstände besonders weit ausgelegt wissen will. Ein Vertragshändler soll nämlich sogar schon aufgrund eines Gewinneinbruches, der durch eine vom Vertragshändler akzeptierte Vertragsänderung ausgelöst wurde, zu einer ausgleichswahrenden Kündigung berechtigt sein (OGH, 23. 8. 2013, 3 Ob 114/13f).

Weniger Gewinn
Im konkreten Fall hatte ein Tankstellenpächter der Umstellung auf ein neues Konzept zugestimmt, in dessen Rahmen es zu Umbaumaßnahmen und zum Abschluss eines Franchisevertrages kam. Daraufhin verminderte sich der Gesamtgewinn um etwa 21 Prozent. Da insbesondere die Initiative zum Abschluss des Franchisevertrages ausschließlich vom Unternehmer ausgegangen war, gelangte der OGH zum Schluss, dass dem Pächter trotz Eigenkündigung ein Ausgleichsanspruch zustehen solle. Auch wurde hervorgehoben, dass es auf ein Verschulden des Unternehmers nicht ankomme, sondern lediglich auf die Zurechenbarkeit der kündigungsbegründenden Umstände.

Dies zeigt erneut, dass Umstellungen im Vertrieb gut überlegt sein sollten. Denn nicht nur bei ordentlicher Kündigung durch den Unternehmer ist mit einem Ausgleichsanspruch zu rechnen. Obwohl Unternehmern vertragliche Vorsorge, z. B. umsichtige Formulierung der wichtigen Kündigungsgründe und bei Vertragshändler- und Franchiseverträgen eine günstigere (Teil-)Rechtswahl, zu empfehlen ist, kann diese nur eingeschränkt helfen.

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