Entwurf für ein Wagniskapitalfondsgesetz – Ein wesentlicher Schritt für die Unternehmensfinanzierung?

Lange haben österreichische Venture Capital und Private Equity Fondsmanager auf gesetzliche Verbesserungen der Möglichkeiten zur Strukturierung von Fonds gewartet. Seit kurz vor Weihnachten liegt dem Nationalrat nun ein Ministerialentwurf für ein Wagniskapitalfondsgesetz ("WKFG") vor. Die Begutachtungsfrist läuft bis 30.1.2023 und 2023 könnte auch Österreich sich bei der Unternehmensfinanzierung einen Schritt vorwärts bewegen – oder hoffentlich doch noch zwei?

Ziel des Gesetzes ist es, die Eigenkapitalbasis österreichischer Unternehmen, die sich aufgrund der wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre verschlechtert hat, durch Wagniskapital – besser bekannt als Venture Capital und Private Equity – zu stärken. Um dies zu erleichtern, soll das WKFG dafür (bessere) rechtliche Rahmenbedingungen betreffend die Organisation von Wagniskapitalfonds und deren aufsichtsrechtliche Qualifikation schaffen. Das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz ("AIFMG"), das auf Basis einer EU-Richtlinie die aufsichtsrechtlichen Bedingungen vorgibt, enthält nämlich keine produktspezifischen Regelungen.

Die Finanzierung von Unternehmen erfolgt in der Regel zu einem großen Teil über von Kreditinstituten gewährte Kredite (und in der Krise auch über staatliche Förderungen). Im Vergleich dazu fällt der Anteil an finanziellen Mitteln, die von Unternehmen auf dem Kapitalmarkt aufgenommen werden, gering aus. Der Beteiligung von Anlegern an Unternehmen, sei es über den Kapitalmarkt oder in anderer Form, kommt ebenfalls nur eine untergeordnete Bedeutung zu und ist weitgehend auf große Unternehmen beschränkt. Anleger selbst können bei einer Investition in Unternehmensbeteiligungen beschränkt sein. So ist beispielsweise für regulierte institutionelle Anleger wie Pensionskassen, Versicherungen oder Kreditinstitute die direkte Beteiligung an nicht börsennotierten Unternehmen aufgrund regulatorischer Vorgaben nicht oder nur eingeschränkt möglich. Beschränkte Möglichkeiten der Finanzierung von Unternehmen verringern jedoch deren Handlungsspielraum und Wachstumschancen.

Venture Capital and Private Equity Fonds sind daher international schon seit langem eine wesentliche Quelle für Eigenkapitalfinanzierungen vor allem auch für Unternehmen ohne Zugang zum Kapitalmarkt. Österreich liegt bei solchen Investments allerdings im europäischen Vergleich im abgeschlagenen Feld (0,22 % des BIP), hinter Ländern ähnlicher Größe wie Griechenland und Portugal und weit hinter den im Spitzenfeld liegenden Ländern Norwegen (1,57 %), Schweden oder Dänemark.[1] Selbst um den EU-Durchschnitt von 0,75 des BIP zu erreichen, hat Österreich einen enorm großen Aufholbedarf. 

Es ist daher positiv zu bewerten, dass hier nun Schritte gesetzt werden, diesem seit langem bestehenden Nachholbedarf Rechnung zu tragen. Was bringt aber das neue Gesetz konkret?

Die im Entwurf vorgesehenen neuen Wagniskapitalfonds ("WKF") sind Alternative Investmentfonds ("AIF") nach dem AIFMG, deren Anteile als Aktien ausgegeben werden.

Positiv hervorzuheben ist die Möglichkeit, Teilgesellschaftsvermögen (dh, Sub-Fonds) zu bilden. Teilgesellschaftsvermögen sind haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennt und werden als eigenständiges Gesellschaftsvermögen des WKF behandelt. Dies gilt auch im Falle der Insolvenz oder Abwicklung eines Teilgesellschaftsvermögens. Auch in der Berichterstattung – so etwa im Jahres- und Lagebericht – werden Teilgesellschaftsvermögen getrennt ausgewiesen. Damit ist es nicht notwendig, für jeden Fonds eine eigene Gesellschaft zu errichten. Dass WKF nur in Form von Aktiengesellschaften errichtet werden können ist allerdings eine wesentliche Einschränkung, da AIF nach dem AIFMG grundsätzlich jegliche Rechtsform haben können. Warum hier die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und vor allem die Kommanditgesellschaft nicht als zulässige Rechtsform agieren können, verraten die erläuternden Bemerkungen leider nicht. Diese verweisen lediglich auf internationale Vorbilder. Gerade international sind AIF allerdings häufig als Personengesellschaften und zwar als Limited Partnerships ausgestaltet. Auch in Österreich werden die meisten Fonds in dieser Form, nämlich als Kommanditgesellschaften (GmbH & Co KG) aufgelegt. Internationale Vorbilder – und insbesondere der führende europäische Fondsstandort Luxemburg – zeichnen sich durch Vielfalt und Flexibilität der möglichen Rechtsformen aus. Es wäre wünschenswert und würde wesentlich zur Erreichung der Zielsetzungen des WKFG beitragen, wenn diese Flexibilität auch für WKF zur Verfügung stünde.

WKF müssen extern durch alternative Investmentfondsmanager ("AIFM") verwaltet werden, wobei erfreulicherweise auch lediglich registrierte AIFM als Verwalter fungieren dürfen. Strebt der WKF allerdings einen grenzüberschreitenden Vertrieb in der EU an (an professionelle Investoren oder qualifizierte Privatkunden), setzt dies eine Verwaltung durch einen konzessionierten AIFM voraus. Die Beschränkung von registrierten AIFM im grenzüberschreitenden Vertrieb von AIF könnte nur auf EU-Ebene gelockert werden.

Ein Vertrieb der neuen Fonds soll nach derzeitigem Stand sowohl an professionelle Kunden als auch an qualifizierte Privatkunden iSd des AIFMG möglich sein. Dass ein Vertrieb nicht an alle Privatkunden zulässig sein soll, wird mit der mangelnden Liquidität und dem erhöhten Veranlagungsrisiko erklärt. Allerdings ist diese Diskriminierung von WKF durch eingeschränkte Zugangsmöglichkeiten für Privatanleger zu dieser Anlageklasse nicht ganz nachvollziehbar, da für diese doch auch wesentlich riskantere Anlagemöglichkeiten offenstehen (zB Derivate zu Spekulationszwecken, illiquide Einzelaktien etc) und ihnen auch Glücksspiel und Wetten bekanntlich nicht verboten sind.

WKF sind jedenfalls auch im Leverage eingeschränkt, wenn sie auch an qualifizierte Privatkunden vertrieben werden. In einem solchen Fall gelten die bekannten Beschränkungen des AIFMG: die Kreditaufnahme des Fonds ist in diesem Fall auf 30 % des Nettoinventarwertes des Gesellschaftsvermögens beschränkt. Über Teilgesellschaftsvermögen könnten Beschränkungen, die nur qualifizierte Privatkunden betreffen, uE in der Praxis gut gehandhabt werden: für professionelle Anleger kann ein eigner Sub-Fonds gebildet werden, der den zwingenden Beschränkungen für qualifizierte Privatkunden nicht unterliegt.

Die Investitionsmöglichkeiten des WKF sind hingegen breiter als bei Alternativen Investmentfonds in Unternehmensbeteiligungen nach dem AIFMG, die auch an Privatanleger vertrieben werden dürfen. So sollen WKF ihr Vermögen nicht nur in Aktienbeteiligungen, andere Gesellschaftsbeteiligungen (GmbH, Personengesellschaften, GesbR) oder aber in Beteiligung in der Form des stillen Gesellschafters investiert können, sondern auch Schuldverschreibungen und Genussrechte erwerben und Finanzierungsinstrumente einschließlich von Darlehen vergeben können. Auch eine Investition in bestimmte AIF und der Erwerb von liquiden Finanzanlagen (Wertpapiere, Sichteinlagen, offene OGAW) soll mit bis zu 30 % des Fondsvermögens zulässig sein. Weiters ist der WKF im Währungsrisiko nicht beschränkt. Obwohl er als Fonds Veranlagungen unter Bedachtnahme auf die Risikostreuung auswählen muss, unterliegt er erfreulicherweise keinen weitergehenden Veranlagungsbeschränkungen, wenn die Anlagebedingungen hier keine Grenzen setzen. Der Einsatz von Derivaten ist aber auf Absicherungszecke beschränkt.

Und steuerlich? Hier besteht noch Verbesserungsbedarf, um WKF für Investoren attraktiver zu machen. Für inländische Anleger gilt grundsätzlich die Fondsbesteuerung. Diese ist aber primär auf klassische Wertpapierfonds zugeschnitten und berücksichtigt die Besonderheiten von Private Equity Fonds nicht. Nach dem derzeitigen Stand soll das Transparenzprinzip des Investmentfondgesetzes Anwendung finden. Dies bedeutet, dass die Anlage durch den Fonds mit der Direktanlage durch den Investor gleichgestellt ist. Typischerweise kommt es bei Anlegern mit Private Equity Investitionen aber zuerst zur Versteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf der ersten Beteiligungen, die sich positiv entwickelt haben. Spätere Verluste aus weniger erfolgreichen Beteiligungen können sie aber nicht gegenrechnen (weil Privatpersonen kein Verlustvortragsmöglichkeit haben). Im Gegenzug soll die Bagatellgrenze für die Transformationsvorschrift im Investmentfondsgesetz 2011 allerdings für die Anwendung des Sondersteuersatzes und der KESt-Endbesteuerung von 10 % auf 20 % angehoben werden.

Auf ersten Blick lässt sich also festhalten, dass der Entwurf des WKFG ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber noch einigen Raum für eine deutliche stärkere Attraktivität der neuen WKF bietet.

 

[1]    Daten von 2021, Quelle: https://www.avco.at/market/comments-on-the-2021-statics-published-by-invest-europe-for-austria/ (abgerufen am 9.1.2023)